Lasst uns das Problem der faschistischen Denkmäler gemeinsam lösen!
Die Unterzeichneten sind HistorikerInnen, die sich von Berufs wegen mit der Vergangenheit und der Erinnerungspolitik unseres Landes auseinander setzen. Wir kennen die Probleme Südtirols mit seiner Zeitgeschichte aus unserer täglichen Arbeit; wir wissen, welch schwierige Hypothek der Umgang mit zeitgeschichtlich belasteten Monumenten darstellt.
Kraft unseres Wissens und unserer ethischen Verantwortung als Wissenschaftler halten wir folgendes fest. Es ist an der Zeit, ja sogar überfällig, dass die Frage der Monumente aus der faschistischen Epoche in unserem Lande endlich grundlegend und auf Dauer beantwortet wird. Vor allem das Siegesdenkmal und das Piffrader-Fries am Gebäude des Finanzamtes Bozen spalten Erinnerung und Geschichtsbilder der großen Sprachgruppen Südtirols. Mehr noch: Sie belasten das Zusammenleben der Sprachgruppen. Sie sollten nicht mehr als Ausdruck von Identitäten und als Anstoß für Gegen-Identitäten dienen, sondern endlich radikal und wirkungsvoll historisiert werden.
Historisierung bedeutet, dass das Siegesdenkmal und das Piffrader-Fries endlich als Zeugnisse ihrer Epoche kenntlich gemacht werden. Ihr totalitärer, auch menschenverachtender Charakter sollte durch eingehende Information erklärt werden: Einheimische und Gäste, vor allem aber Jugendliche sollten vor Ort erkennen, lernen und erfahren können, dass diese Denkmäler von einem Regime stammen, das Krieg, Rassismus und Gewalt als Herrschaftsformen gebilligt hat und diese Monumente zur Verherrlichung dieser Ziele errichten ließ.
Diese rückhaltlose Einsicht und ihre eindringliche Vermittlung sind das wichtigste Gegenmittel gegen die Botschaften dieser Denkmäler. Nicht ihre Schleifung oder die Beseitigung auch nur von Teilen führt zur Lösung, sondern Aufklärung über ihre Entstehung und ihren Charakter.
Aus diesem Grund warnen wir davor, das Piffrader-Fries zu demontieren und es an einen anderen Ort zu verbringen. Das Anliegen der Mehrheitspartei und der Landesregierung, den totalitären Kern des Monuments zu neutralisieren, die Botschaft des „Credere, Obbedire, Combattere“ zu tilgen und die Duce-Figur aus dem öffentlichen Raum zu verbannen, ist verständlich. Die Abnahme des Frieses aber würde nur seinen öffentlichen Wert steigern und es zum emotionalen Objekt erheben, anstatt Lerneffekte und Distanzierung zu ermöglichen.
Wir ersuchen daher in großer Eindringlichkeit, von der geplanten Beseitigung Abstand zu nehmen und statt dessen für das Fries und das Siegesdenkmal endlich in aller Entschiedenheit jene Informationsmaßnahmen ins Werk zu setzen, die eine zeitgenössische Didaktik und kommunikative Gestaltung anzubieten hat.
Als HistorikerInnen fordern wir die Verantwortlichen auf, unsere Fachkompetenz ernst zu nehmen und sie für zielführende Lösungen zu beanspruchen. Entsprechende Vorschläge können zügig erarbeitet und umgesetzt werden; hierzu stehen wir gerne zur Verfügung, im Dienste des Zusammenlebens, unseres Landes und aufgrund unserer wissenschaftlichen Verantwortung.
Andrea Di Michele, Hans Heiss, Hannes Obermair
Giuseppe Albertoni, Merano-Trento
Helmut Alexander, Innsbruck
Arbeitskreis für Theorie und Lehre der Denkmalpflege, Weimar
Valentina Bergonzi, Bolzano
Luigi Blanco, Trento
Ingrid Böhler, Innsbruck
Andrea Bonoldi, Bolzano
Siglinde Clementi, Bolzano
Gustavo Corni, Trento
Milena Cossetto, Bolzano
Elena Farruggia, Bolzano
Michael Gehler, Hildesheim
Christoph von Hartungen, Bolzano
Florian Huber, Innsbruck
Lutz Klinkhammer, Roma
Waltraud Kofler, Bressanone
Stefan Lechner, Falzes
Aram Mattioli, Lucerna
Brigitte Mazohl, Innsbruck
Hans-Rudolf Meier, Weimar
Wolfgang Meixner, Innsbruck
Giorgio Mezzalira, Bolzano
Paolo Nicoloso, Trieste
Günther Pallaver, Bronzolo-Innsbruck
Roberta Pergher, Lawrence, Kansas, USA
Hans Karl Peterlini, Bolzano
Rolf Petri, Venezia
Eva Pfanzelter, Innsbruck
Walter Pichler, Lana
Stephanie Risse, Bressanone
Carlo Romeo, Bolzano
Alessandra Spada, Bolzano
Horst Schreiber, Innsbruck
Gerald Steinacher, Cambridge, Massachusetts, USA
Leopold Steurer, Merano
Storia e Regione / Geschichte und Region, Bolzano
Oswald Überegger, Hildesheim
Martha Verdorfer, Bolzano
Cinzia Villani, Bolzano
Michael Wedekind, Vienna
Thomas Will, Dresda
Rolf Wörsdörfer, Francoforte
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