CfP: Workshop "Universität und Region"
Im Jahr 2017 wird die Universität Bozen auf ihr zwanzigjähriges Bestehen zurückblicken. Die Gründung der Universität hat eine lange Vorgeschichte, in der die Rolle und der Nutzen einer Hochschule für das Land Südtirol intensiv diskutiert wurden. Nun, knapp zwanzig Jahre später, drängt sich die Frage auf, was von diesen Wünschen eingetreten ist und was sich durch das Vorhandensein einer Universität verändert hat. Ausgehend von dieser Frage, veranstaltet „Geschichte und Region/Storia e regione“ einen Workshop, in dem allgemein das Verhältnis von Universität und Region diskutiert werden soll.
Universitäten sind keine in sich geschlossenen, autarken oder abgeschotteten Institutionen, sondern beziehen sich in vielfältiger Weise und auf unterschiedlichen Ebenen auf ihre Umwelt. Die wirtschaftlichen Beziehungen sind wohl die augenscheinlichsten, Veränderungen im Stadtbild durch die Anwesenheit von Studierenden ebenso offensichtlich. Doch Auswirkungen auf die kulturelle Sphäre, auf das soziale Umfeld, auf die Umverteilung von symbolischem Kapital erfolgen subkutaner. Dabei verweist die Frage nach den Einflüssen, die eine Universität auf ihre Umwelt ausübt, auf jene nach den gesellschaftlichen Bedingungen der Universität selbst. Dies gilt nicht nur für ihre Gründungsphase und den darin entwickelten normativen Ideen und Ansprüchen an die Universität, sondern zielt auch auf die Frage, inwiefern die Universität gesellschaftliche Entwicklungen und Diskurse rezipiert und reflektiert.
Auch wenn die fehlende gesellschaftliche Rückbeziehung der Universitäten vielfach – zu Recht oder zu Unrecht – beklagt wird, so lässt sich das Verhältnis von Universität und ihrer Umwelt doch als zirkulär beschreiben. Um diesem vielschichtigen Gewebe von Interaktionen zwischen Universität und Umwelt Rechnung tragen zu können, möchten wir die Kategorie „Region“ verwenden. Region soll in diesem Zusammenhang als das Interaktionsfeld von Universität begriffen werden, das nicht a priori vorgegeben und somit nicht als ein gleichbleibender Raum verstanden werden soll. Das Verständnis von Region als „offene“ Kategorie, die je nach Gesichtspunkt, nach Kontext und nach geographischem/zeitlichem Bezugsrahmen unterschiedlich konstituiert wird, eröffnet einen analytischen Zugriff auf die verschiedenen Ebenen der Interaktionen zwischen Universität und ihrem Außen.
Der Workshop „Universität und Region“ möchte sich folgenden Fragen widmen: Wie wird der Interaktionsraum von Universität und Region gestaltet und welche Funktionen erfüllt er? Wie bedingt Region die Universität und wie diese wiederum die Region? Welche Mechanismen greifen bei dieser wechselseitigen Verklammerung von Universität und Region und wie verändern sie sich?
Eine Annäherung an diese Fragen dürfte insbesondere eine vergleichende Perspektive ermöglichen, diachrone sowie synchrone Differenzen und Ähnlichkeiten können auf den Funktionsmechanismus und die Formenvielfalt des Zusammenhangs von Universität und Region verweisen.
Aus dieser allgemeinen Problemstellung ergeben sich viele Fragen, die zum einen auf unterschiedliche Phasen im Bestehen einer Universität selbst zielen können und zum anderen die verschiedensten Gesellschaftsbereiche ansprechen. Diese Fragen lassen sich in zwei heuristische Fragesäulen bündeln.
Das erste Untersuchungsfeld des Workshops nimmt den Einfluss der Region auf ihre Universität in den Blick:
- Wer waren die für die Universitätsgründung ausschlaggebenden AkteurInnen?
- Welche sind die normativen Vorstellungen von Funktion, Nutzen oder Gefahren einer Universität, die bei einer Universitätsgründung ins Spiel gebracht werden?
- Wie und nach welchen Kriterien werden die an der Universität angesiedelten Disziplinen ausgewählt?
- Wie sieht der permanente Aushandlungsprozess der wissenschaftlichen Ausrichtung aus?
- Welchen Einfluss haben diesbezüglich die Finanzierung der Universität und ihre rechtliche Verankerung?
- Wie gestaltet sich das Spannungsverhältnis von Universität als regional/lokal verorteter Institution und dem ihr gleichzeitig angetragenen Prinzip der Internationalität?
Das zweite Untersuchungsfeld hingegen konzentriert sich auf die Einflüsse der Universität auf die Region:
- Inwiefern verändert eine Universität das Selbstverständnis der Region?
- Verspricht eine Universität eine Standortaufwertung und wenn ja, wie äußert sich dies?
- Welche Rückwirkung auf die Region übt die Universität als Arbeitsgeber aus?
- Regt sie Veränderungen im kulturellen Bereich an?
- Inwiefern trägt Universität zu architektonischen, urbanistischen Veränderungen bei?
- Wie kommuniziert die Universität ihre Forschungspraxis und -ergebnisse nach außen?
- Und welche Rolle nimmt die Universität in gesellschaftlichen Diskurs als Wissensautorität ein?
Der Workshop will solchen und ähnlichen Fragen nachgehen und dabei bewusst unterschiedliche Epochen, Räume und Disziplinen miteinbeziehen. Der Workshop kann dabei durchaus auch als Anlass verstanden werden, mögliche geeignete Analyseinstrumente und Quellenkorpora zu diskutieren.
Der Workshop findet in Bozen vom 26. bis 27. November 2015 statt. Spesen für Übernachtung und Verpflegung können gedeckt werden. Die Tagungssprachen sind Deutsch, Italienisch und Englisch. Die Ergebnisse sollen als Themenschwerpunkt eines Heftes der Zeitschrift „Geschichte und Region/Storia e regione“ veröffentlicht werden.
Abstracts im Umfang von etwa 400 Wörtern mit einer kurzen Angabe zur Person werden bis zum 30. April 2015 an folgende Mailadresse erbeten:
Christof Aichner (Christof.Aichner@uibk.ac.at) oder
Michaela Oberhuber (michaela.oberhuber@provinz.bz.it)