06/09 2016

Es lebe der Transit!

Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #2

Wir nähern uns den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte"! Einige der vielen Themen wollen wir hier - in unregelmäßigen Abständen - kurz vorstellen.
Heute spricht Magnus Ressel vom Historischen Kolleg München über den Transitverkehr im Tirol des 18. Jahrhunderts.

 

Herr Ressel, im 18. Jahrhundert werden die Tiroler kaum über zuviel Verkehr über den Brenner geklagt haben - Welche Bedeutung hatte er für das Land?
Der Transithandel über die Alpen galt als einer der wichtigsten Wirtschaftssektoren des eher armen und unfruchtbaren Landes. In den zeitgenössischen Quellen wird immer wieder erwähnt, dass ein Drittel der Einwohner ihren Erwerb hier fänden (als Wirte, Wagner, Fuhrleute usw.). Die Tiroler klagten im 18. Jahrhundert allenthalben über den abnehmenden Verkehr, obgleich dieser nur kurzfristig in der Jahrhundertmitte eine Stagnationstendenz aufwies. Bis ins frühe 20. Jahrhundert wurde das Credo hochgehalten, dass man Transit anlocken müsste, erst seit den 1920er Jahren änderte sich diese Einstellung in Tirol.
 

Was kann man sich unter "Verkehr" im 18. Jh. überhaupt vorstellen?
Das Tiroler Verkehrswesen des 18. Jahrhundert galt als äußerst modern. Während auf anderen Alpenpässen noch viele Bauern im Nebenerwerb in der sogenannten „Rodfuhr“ große Teile der Warentransporte übernahmen, hatte sich in Tirol ein professioneller Stand von gewerbsmäßigen Fuhrleuten herausgebildet. Am Anfang des 18. Jahrhunderts waren noch Wagen von 20 Zentnern Last üblich gewesen, am Ende des Jahrhunderts schafften manche Wagen bis zu 100 Zentner. Der Ausbau der Brennerstraße um 1760 zu einem ganzjährig befahrbaren Weg ermöglichte diese enorme Laststeigerung. Um 1801 lesen wir in offiziellen Statistiken von einem Jahrestransit von 157.000 Zentnern über Tirol, was mindestens 2.000 Wagenladungen, wahrscheinlich weit mehr gebraucht hatte. Alle anderen Transitalpenpässe zusammen dürften zeitgleich bestenfalls auf etwa 115.000 Zentner gekommen sein. Die Brennerstraße war also auch damals voll von Fuhrwerken. Die Zeiten haben sich allerdings geändert: Im Vergleich zu 2016 mag das Jahrestransitvolumen auf dem Brenner von 1801 gerade einmal etwa 0,2 Promille des Transports auf der Brennerautobahn entsprechen.


Markus Ressel spricht am Donnerstag, 15. September 2016, um 14.30 Uhr im Kolpinghaus über "Der Verkehr über die Tiroler Pässe im 18. Jahrhundert. Ein Kommentar zum Standardtitel von Angelo Moioli".

Hier das Gesamtprogramm der "Bozner Gespräche zur Regionalgeschichte".

Hier die Abstracts aller Vorträge der Tagung.


Der bisherige Countdown:

Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #1: A bisserl Wien in New York