An der Grenze: Deutsch oder Dänisch – oder weder noch?
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #7
Wir nähern uns den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte"! Einige der vielen Themen wollen wir hier – vorab und in unregelmäßigen Abständen – kurz vorstellen.
Auf zu den Grenzregionen! Martin Göllnitz von der Christian-Albrechts-Universität Kiel führt uns nun nach Norden, zwischen Deutschland und Dänemark, genauer nach "Nordschleswig". Dort verrät er uns auch, was Studenten mit regionalen Identitäten zu tun haben...
Herr Göllnitz, "Nordschleswig" gehört erst seit 1920 zu Dänemark. Ist diese Region nun dänisch oder doch deutsch?
Eine höchst interessante und doch schwer zu beantwortende Frage, die wohl nicht nur die Forschung immer noch antreibt sondern auch in der Region selbst zuweilen zu Diskussionen führt. Die für eine Grenzregion typische Überschneidung, in diesem Fall dänischer und deutscher Mentalitäten, führt dazu, dass eine endgültige Zuschreibung kaum erfolgen kann, was überdies am regional weit verbreiteten Sønderjysk zu erkennen ist. Lässt man kulturelle Entwicklungen demgegenüber weitgehend aus dem Blick und fragt nach politischen, bürokratischen oder sozialen Strukturen, ist eindeutig ein Überwiegen des "Dänischen" zu erkennen.Sie untersuchen vorallem die Rolle deutscher Studenten der 1920er und 1930er Jahre in dieser Region. Weshalb?
Studierende gehörten bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zur künftigen gesellschaftlichen Elite eines Landes, denen wichtige Positionen in den Bereichen der Wirtschaft, Politik und Bildung übertragen wurden. Die Studierenden der 1920/30er Jahre, aufgewachsen in der Endphase des deutschen Kaiserreichs und im Ersten Weltkrieg, sozialisiert in den Zeiten gesellschaftlicher und sozialer Unsicherheiten (Revolution, Kapp-Putsch, Ruhrkampf, Inflation und Weltwirtschaftskrise) begannen ihre Karriere zumeist in der NS-Diktatur und waren noch bis in die 1970/80er Jahre tätig. In dieser Zeit prägten sie zum Teil maßgeblich den politischen Kompass und die gesellschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik. Die politische und kulturelle Region Nordschleswig wurde von ebenjenen Studierenden nach 1945 ebenfalls in vielfacher Hinsicht geprägt und gestaltet. Es ist daher spannend zu fragen, wie das ideologisch-politische Koordinatensystem der bundesdeutschen Elite in Bezug auf die nordschleswigsche Grenzregion zu verorten ist und von welchen Faktoren dieses bestimmt wurde.
Martin Göllnitz spricht am Freitag, 16. September 2016 um 9.00 Uhr im Kolpinghaus Bozen über Abenteuer Grenzland. Die Nordschleswig-Region als völkisches Aufgabengebiet deutscher Studenten beiderseits der Grenze(1925–1935). Der Vortrag wird simultan ins Italienische übersetzt.
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Die Abstracts aller Vorträge können hier eingesehen werden.
Der Countdown bisher:
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #1: A bisserl Wien in New York
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #2: Es lebe der Transit!
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #3: Die Erfindung des Veneto
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #4: Knödel und Kaiserschmarren in Abissinien
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #5: "Besser gings uns unter Österreich"
Countdown zu den "Bozner Gesprächen zur Regionalgeschichte" #6: Immigration und Medien